Damen schrammen haarscharf am Finale vorbei
China besser, aber heftige Fehlentscheidungen entscheiden das Match
Die deutschen Hockeydamen haben durch eine 2:3-Niederlage gegen Gastgeber China ganz unglücklich den Einzug ins Finale verpasst. Denn obwohl China das bestimmende Team mit mehr Offensivaktionen war, hatten die Deutschen genug Tore erzielt, um das Match zu gewinnen. Doch zweimal pfiffen die Schiedsrichterinnen aus Argentinien und Australien Vorteilsituationen ab, bei denen die Kugel regulär im Tor der Chinesinnen landete. Auf der anderen Seite fiel das 2:2 durch eine Strafecken-Fehlentscheidung. Und auch dem höchst umstrittenen 3:2-Siegtreffer ging ein Gefährliches Spiel der Chinesinnen voraus, das auch vom Video-Umpire nicht geahndet wurde.
Michael Behrmann: „Die Eckenentscheidung zum 2:2 war natürlich unglücklich. Das Gefährliche Spiel beim 3:2 muss ich mir selbst noch einmal auf Video anschauen. Aber wir hatten insgesamt zu viel Respekt, haben zu viel hinten rausgeschlenzt, statt selbst mal durchs Mittelfeld zu spielen, unser Ding zu machen. Wir können uns jetzt ein bisschen ärgern, aber dann müssen wir um Bronze kämpfen!“
Maike Stöckel: „Ich bin persönlich gerade eher über unsere eigene Leistung enttäuscht. Wir haben zweimal geführt, aber jeweils das Spiel komplett aus der Hand gegeben. Es hilft aber jetzt nichts, sich stundenlang zu ärgern, schließlich wollen wir noch Bronze gewinnen – und darauf müssen wir uns jetzt voll konzentrieren!“
Martina Heinlein: „Wir können das nicht nur auf die Schiedsrichterinnen schieben, denn wir hatten genug Chancen, die Partie selbst zu entscheiden – auch über die abgepfiffenen Vorteilsszenen hinaus.“
Kapitänin Marion Rodewald: "Es war das Hauptmanko, dass wir China gerade nach unseren Toren nicht weiter bearbeitet und den Druck nicht aufrecht erhalten haben. Stattdessen sind wir in Passivität verfallen und haben die Bälle zu schnell hergegeben."
Es fing extrem viel versprechend an. Ein toller Rechtsangriff wurde auf Janine Beermann in den Kreis durchgesteckt. Die Angreiferin konnte die Kugel aber nicht richtig kontrollieren, traf den Ball nur halb, so dass er an der Torhüterin vorbei aufs lange Eck zukullerte und dann im letzten Moment geklärt werden konnte. Im Konter holten die Chinesinnen ihre erste Strafecke aber der Schuss von Fu Baorong – die Chinesinnen mussten nach einer Entscheidung der Jury of Appeal doch nicht ohne ihre eigentlich wegen der heftigen Ausschreitungen im Australienspiel gesperrte Kapitänin und erste Eckenschützin Yibo Ma spielen – ging links vorbei.
Dann das 1:0 (4.) für Deutschland nach einem Angriff über Janne Müller-Wieland. Natascha Keller traf die Kugel im Nachschuss erst nicht, war dann aber mit einem Schuss an den linken Pfosten erfolgreich. China protestierte auf „gefährliches Spiel“, aber die australische Keeperin gab das Tor. Es gab eine Phase mit starkem Pressing der Gastgeberinnen, die auf den sofortigen Ausgleich drängten, aber die deutsche Hintermannschaft stand gut. Es klappte aber zunächst nicht mehr mit eigenen Angriffen. China störte früh.
Etwas Pech, vielleicht dort noch ausgleichend für das Glück beim 1:0, als Ashton-Lucie Eileen Hoffmann den Vorteil bei möglichen Schuss aus fünf Metern frei vor Tor abpfiff (11.). Die Deutschen blieben nun selbst vorn dran, bis China wieder mit einem Konter und einer Stecher am Kreisrand, der aber links vorbei ging, für Gefahr sorgen konnte (13.). Hoffmann hatte die nächste Großchance für Deutschland, als sie nach Freischlag am Kreis den Abpraller von Yimeng Zhang abfing und schoss – allerdings links am Tor vorbei (16.).
Gleich der nächste Freischlag ging links auf Bachmann, deren Schlenzer aber leider abrutschte und daher für Zhang leichte Beute wurde (17.). China erhielt dann die zweite Strafecke wegen Stockschlagens von Anke Kühn, aber Kristina Reynolds zeigte eine tolle Parade gegen den flachen Schlenzer von Yibo Ma (21.). Harte Entscheidung von de la Fuente, als sie nach Zweikampf von Heinlein außerhalb des Kreises wieder Ecke pfiff. Und die Eckenabwehr stimmte erneut. Reynolds hielt und Mandy Haase konnte nach außen klären (22.). Im guten Konter über links verpassten Hoffmann und Scholz es, mal die erste Ecke für Deutschland zu holen.
Es war dann ein paar Minuten ganz ruhig, bis Fu Baorong plötzlich frei vor Reynolds auftauchte, aber nicht an der starken deutschen Torfrau vorbei kam. Dann die zweite Unaufmerksamkeit in 60 Sekunden, als nun Lihua Gao nach langem Pass frei am Siebenmeterpunkt stand und über Reynolds hinweg zum 1:1 (31.) traf. Aufatmen, als Reynolds gegen eine Argentinische Rückhand von links stark klärte und auch nach Freischlag am Kreis eine Blitzreaktion gegen einen Stecher zeigte, sonst wäre das deutsche Team mit einem Rückstand in die Pause gegangen.
Die Deutschen hatten aber offensichtlich die klar bessere Halbzeitansprache. Es dauerte nur kurze Zeit, da hatten die Deutschen mit einem tollen Linksangriff das 2:1 (36.) erzielt. Janine Beermann hatte nach starker Kombination Keller/Rodewald und Flanke mit Argentinischer Rückhand am langen Pfosten den Schläger genau an der richtigen Stelle, um einzublocken. China reagierte mit wütenden Gegenangriffen immer wieder über die rechte Seite. In der 39. Minute dann eine bittere Fehlentscheidung von Julie Ashton-Lucie, die einen Schlenzer an Julia Müllers Knie als Strafecke pfiff.
Die kurzfristig begnadigte Yibo Ma nutzte das mit einem halbhohen Schlenzer in die linke untere Ecke zum 2:2 (40.). Es blieb eine Abwehrschlacht. Die Chinesinnen bekamen immer wieder Freischläge am deutschen Kreis, hohe Aufmerksamkeit war gefragt. Ein Schuss von Fu rechts im Kreis hielt Reynolds sicher (44.). Ein Schuss von Chunling Tang wurde außerhalb gegeben – war er auch (45.), auch wenn das Publikum schon jubelte und die Anzeigetafel den Treffer verkündete.
Es brannte zum Teil lichterloh, Reynolds musste all ihr Können zeigen, um das Remis zu halten. In der 47. Minute waren es vier Torschüsse aus kurzer Distanz, die die Keeperin vereitelte. Die Partie konnte von den deutschen aber wieder etwas beruhigt werden. Man löste sich etwas aus dem Pressing, konnte aber vorn nicht zu gefährlichen Aktionen kommen. Im Konter dann doch wieder eine Strafecke für China und eine weitere, obwohl die Variante verunglückte. Doch Reynolds mit toller Parade und die Chance zum Konter.
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Ein Freischlag am Kreis und eine Lange Ecke sprangen dabei heraus, aber keine Torchance (55.). Und wieder ein extremer Lapsus der Unparteiischen, als de la Fuente zu früh Ecke für Deutschland pfiff (57.), nach Körper im Kreis und den Vorteil für Anke Kühn damit abpfiff, die frei ins Tor einschlagen konnte. Ganz bitter, denn es war der zweite Treffer für Deutschland, bei dem der Vorteil abgepfiffen wurde. Die geschlagene Ecke von Julia Müller wurde jedoch abgepfiffen, war nicht optimal ausgeführt. Das Pech mit den Schiedsrichtern blieb: Ein ganz klar gefährlicher Ball wurde nicht abgepfiffen, China profitierte vom vierten ganz großen Lapsus der Schiedsrichterinnen. Kurioser Weise wurde der Treffer von Yhudiao Zhao trotz Videobeweis gegeben.
Doch nun kam Deutschland: Natascha Keller hatte den Ausgleich direkt nach Wideranpfiff auf dem Schläger, verzog aber links halbhoch ganz knapp. Dann gleich die nächste Ecke, aber Rinnes Schlenzer (60.) holte Zhang leicht ab. Riesen Chance dann von Stöckel, die frei links am Kreisrand argentinisch zum Schuss kam, aber Zhang wieder sicher. Es wurde eine spannende Schlussphase, denn die Deutschen pressten, hatten ihre Chancen. China spielte stark auf Zeit. Doch die Deutschen holten noch ihre letzte Strafecke, nachdem Anke Kühn zuvor die Riesechance hatte, aber abgeblockt wurde. Aber die Variante auf Anke Kühn misslang, auch im Nachschuss gab es keine Chance mehr. Das Spiel war aus.
"Wir haben die bittere Lektion von Athen nicht vergessen und daraus gelernt. Heute haben wir mit dem Finaleinzug einen historischen Erfolg für das chinesische Hockey errungen. Am Freitag wollen wir Geschichte schreiben und als erste asiatische Mannschaft Gold im Damenhockey gewinnen", war Chinas koreanischer Trainer Kim Chang Back ein zufriedener Mann. "Normalerweise werden wir passiv, wenn wir in Rückstand geraten. Heute war das nicht der Fall, Das zeigt, wie wir als Team gewachsen sind", sagte Torfrau Yimeng Zhang, und Siegtorschützin Yhudiao Zhao huldigte dem Trainer: "Unser Coach hat die deutschen Schwachstellen analysiert und uns den Weg aufgezeigt. Er hat uns ins Finale geführt."
Letztlich musste auch der deutsche Bundestrainer zugeben: "Wir müssen anerkennen, dass die chinesische Mannschaft dem Druck der hohen Erwartungen vor eigenem Publikum standgehalten hat. China hat sehr gut gespielt, hat uns stark unter Druck gesetzt, selbst nach unseren Toren."
Tore:
1:0 Natascha Keller (4.)
1:1 Lihua Gao (32.)
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2:1 Janine Beermann (36.)
2:2 Yibo Ma (KE, 40.)
2:3 Yhudiao Zhao (63.)
Ecken:
GER 3 (kein Tor) / CHN 5 (1 Tor)
Schiedsrichter:
Carolina de la Fuente (ARG) / Julie Ashton-Lucy (AUS)
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