Mülders: „Veränderungen für eine inhaltliche und persönliche Entwicklung"

Interview mit dem Damen-Bundestrainer vor Start des World-League-Finalturniers

04.12.2015 - Am Samstagabend beginnt für die deutsche Damen-Nationalmannschaft im argentinischen Rosario das World-League-Finalturnier mit dem ersten Gruppenspiel gegen den Weltmeister und Olympiasieger Niederlande (20.30 Uhr deutscher Zeit, live im FIH-youtube-Kanal). Das DHB-Team ist bereits seit Anfang der Woche in Argentinien und bereitet sich auf das letzte große Turnier des Jahres vor, bei dem man sich als Mannschaft weiterentwickeln will Richtung Rio. Bundestrainer Jamilon Mülders gibt im Interview einen Einblick in die aktuelle Teamsituation.

Die Mannschaft hatte nach der EM eine längere Pause…

Mülders: „Das stimmt! Die Spielerinnen hatten Zeit zuhause fürs Studium und für das persönliche Trainingsprogramm. Die Tests vor der World League haben gezeigt, dass sie dabei einen Top-Job gemacht haben und dass auch die Bundesliga das gut gesteuert hat. Der Auftakt der „Wir“-Phase war dann in Belek in der Türkei, wo wir optimale Bedingungen auf dem Lehrgang hatten. Das war schon fast Luxus. Jetzt in Argentinien war es ein anderes System. Wir haben bewusst die Tage der Vorbereitung in Buenos Aires in Appartements verbracht. Das war eine bewusste Entscheidung, um intensiv miteinander arbeiten und entwickeln zu können. Großes Ziel: die notwendigen Veränderungen für eine inhaltliche und persönliche Entwicklung fortführen!“

Ihr habt auch schon zwei Mal getestet?

Mülders: „Das erste Spiel gegen Neuseeland (1:1, Anm. d. Red.) war ganz okay. Im zweiten Spiel haben die Mädels einen verbesserten Aufbau gezeigt, sehr strukturiert gespielt und viele Chancen kreieren können. Das haben wir 2:1 gewonnen. Es scheint im Moment alles ganz gut aufzugehen. Alle freuen sich am Samstag auf das Auftaktmatch gegen die Niederlande. Wenn du als aktueller Weltranglisten-Neunter ins Turnier gehst und gleich auf die Nummer eins triffst, sind die Rollen klar verteilt!“

Spielt es eine Rolle, dass die Mannschaft in der Weltrangliste etwas abgerutscht ist?

Mülders: „Für uns ist das überhaupt nicht wichtig, sondern die logische Konsequenz aus den verschiedenen Ergebnissen der letzten Jahre. Wir haben das World-League-Halbfinalturnier nicht wie 2013 gewonnen und sind diesmal auch nicht Europameister geworden. Daher war ein "Abrutschen" logisch. Es geht uns weiter um die Veränderung der Mannschaft und darum, die inhaltliche Entwicklung als Team und die einzelner Spielerinnen voranzutreiben. Wir wollen und müssen uns entwickeln, wenn wir den Code "Erfolg" in Rio erfüllen und grundsätzlich verinnerlichen möchten. Jetzt, vor dem Turnierstart, hilft uns ein sachliches Miteinander viel eher weiter. Im Transformationsprozess wollen wir vom „ich“ – das war die Phase nach der EM – jetzt wieder zum „wir“ kommen. Das Gemeinsame zählt. Dafür war Belek der Startschuss.“

Was passiert nach der World League?

Mülders: „Wir haben das nächste Top-Event schon wieder vor der Nase, denn wir spielen vom 12. bis 24. Januar eine internationale Testserie in Singapur – je zwei Mal gegen Korea, die Niederlande und Australien. Das bringt uns in eine ähnliche Belastungssituation wie in Rio. Hierfür werde ich nach der World League in aller Ruhe 22 Spielerinnen nominieren. Dazwischen liegt noch eine Trainingsphase und dann vor allem Ruhe. Ruhe für die Familien und einen selbst.“

Nochmal zurück zum Turnier in Rosario. Was ist denn dort das Ziel?

Mülders: „Wir werden hier jedes Spiel voll in uns aufnehmen und präsent sein. Die Gruppe ist total spannend. Die Niederländer sind der absolute Top-Favorit. Dahinter ist von Platz zwei bis vier alles möglich. Neuseeland haben wir in Tests schon gesehen. Sehr spannend wird sein, wie sich Korea präsentiert, das bereits ein beeindruckendes World-League-Halbfinale absolviert hat und in Antwerpen Zweiter wurde.“

Sind Ergebnisse dann egal? Geht es mehr um die spielerische Entwicklung?

Mülders: „Die sind nicht egal! Meine Mannschaft will immer gewinnen und gute Ergebnisse haben, aber es ist nach einem Spiel oder Turnier immer sinnvoller, alles distanziert und sachlich zu bewerten. Wir müssen uns aber auch nicht kleiner machen als wir sind! Keines unserer bisherigen K.O.-Spiele, haben wir deutlich abgegeben und uns dabei immer stabil und gut präsentiert. Man darf ruhig ein gewisses Grundvertrauen in unsere Damen setzen und nicht immer an deren Fähigkeiten zweifeln. Wir haben einen guten Olympia-Kader von zurzeit 28 Spielerinnen beisammen. Unabhängig von negativen und positiven Ergebnissen in Rosario, haben wir schon Themen auf der Agenda bis Rio. Ich wäre überrascht, wenn ein neues Thema auftauchen würde. Sollte es von den Ergebnissen einen Schuss vor den Bug geben, dann ist Ruhe notwendig und das Annehmen der Lernaufträge für den weiteren Prozess Richtung Olympia!“