INDIEN
Hamburg Masters als Test vor den Asian Games
Mit der Hockey-Nation Indien verbinden Nostalgiker traumwandlerisch sicher dribbelnde Techniker auf gepflegten Naturrasenplätzen sowie unendlichen Erfolg in einer Sportart, die auf dem Subkontinent zu den beliebtesten gehört. Zumindest Letzteres gilt ist immer noch so. Das Interesse am Hockeysport ist groß in Indien, auch wenn Cricket und Fußball ihm inzwischen klar den Rang abgelaufen haben. Mit den Erfolgen hörte es allerdings auf, als das internationale Hockey die Naturrasenplätze verließ und sich fortan auf den schnelleren, die Athletik fordernden Kunstrasenplätzen dieser Welt tummelte.
Diesen Schritt machte die Hockeyszene in Indien nur widerwillig mit, sperrte sich lange der Realität und verpasste dadurch den Anschluss an die Weltspitze. Es gibt auch heute noch nicht ausreichend moderne Kunstrasenplätze in Indien. Die Ergebnisse des Nationalteams waren zuletzt dementsprechend. Erstmals wurden 2008 Olympische Spiele komplett verpasst, nachdem es bereits nach dem letzten Olympiasieg 1980 in Moskau, als die kompletten westlichen Spitzenteams fehlten, immer weiter bergab gegangen war und sich die Mannschaft zuletzt auf Rang sieben bis acht eingependelt hatte.
Immerhin, die Weltmeisterschaft 2010 in der Heimat hat dem indischen Hockey einen spürbaren Push versetzt. Die Mannschaft des spanischen Trainers José Brasa kehrte zumindest unter die Top Ten in der Welt zurück, belegte am Ende Rang acht. Brasa hat keinen einfachen Job, denn das indische Hockey durchlebte noch kurz vor der WM in Neu Delhi turbulente Phasen, in denen sich der Verband komplett neu ordnen musste. Es gab Vorwürfe, wonach oft nicht die besten Spieler ins Nationalteam berufen wurden, sondern bestimmte Regionen bevorzugt wurden.
Es ist dem indischen Hockey nur zu wünschen, dass sich die Wogen, die vor einem guten Jahr mit der Entlassung des Generalsekretärs und der Demission des IHF-Präsidenten durch die Sportpolitik ihren Höhepunkt fanden, langsam geglättet haben, denn es macht auch heute noch immensen Spaß, den Ballzauberern aus Asien zuzuschauen, wenn sie mit Speed auf dem Kunstrasen zu ihren Sololäufen ansetzen. Einige der Spieler hatten längst den Sprung in die europäischen Top-Ligen geschafft.
Besonders die deutschen Bundesligen waren in den letzten Jahren fast so etwas wie ein Ausbildungscamp für indische Talente. So war unter anderem Eckenspezialist Sandeep Singh vor zwei Jahren Torschützenkönig der regulären Bundesligasaison für die TG Frankenthal. Zurzeit spielt allerdings kein Inder in den Niederlanden oder in der 1. Bundesliga in Deutschland – was auch daran liegen kann, dass Coach José Brasa seine Leistungsträger lieber im heimischen Indien zu einer Einheit zusammen schweißen möchte.
Für die Inder stehen als nächste ganz entscheidende Klippe die Asian Games Mitte November in Guangzhou (China) an, wo die direkten Tickets für die Olympischen Spiele 2012 in London vergeben werden. Will man nicht schon wieder bei einem Qualifikationsturnier zittern, muss man dort gewinnen – und das ist beim starken Konkurrenzfeld mit China, Japan, Südkorea, Malaysia und Pakistan alles andere als einfach. Insofern braucht Indien solche Vergleiche mit Spitzenteams wie jetzt beim BDO Hamburg Masters unbedingt, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auszubauen.
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