…wir jammern nur noch leise…
Teammanager Heimpel über den täglichen Frust beim Organisieren
Kurzfristig geht in Japan so gut wie gar nichts. Ist etwas Spontanität oder Flexibilität gefragt, tritt zuerst Hektik ein, es bildet sich eine Schar von Mitdiskutierenden und dann wird höflich aber heftig abgewunken. Auf dieses Phänomen treffen wir aller Orts und nichts was einfach und unkompliziert sein könnte, ist es dann tatsächlich. Beispiele gefällig?
Wir haben Trainingseinheiten geplant. Es ist ein Bus-Shuttle geordert und (natürlich wie üblich) einheimische Betreuer/Dolmetscher. Durch eine Tagesplanänderung wurde das Training abgesagt, somit auch der Bus und somit auch vom Veranstalter aus die Dolmetscher. Auf Nachfrage, dass wir den Bus nicht, aber die Dolmetscher natürlich schon bräuchten, bekamen wir die Auskunft, dass das nicht gehe. Wenn nicht trainiert wird, kommt auch kein Dolmetscher. Die Praxis und die Logik sagen aber, dass man insbesondere dann einen Dolmetscher braucht, wenn das Team nicht am Platz steht, weil es dann wahrscheinlich anderweitig unterwegs ist. Zum Trainieren haben wir bisher keine Dolmetscher gebraucht, das haben unsere Jungs immer selbst gemacht.
„Wir bräuchten bitte einen Tisch hinter der Spielerbank!“…
No….“why not“….”I don`t know” Eine Viertelstunde vor Spielbeginn baten wir um Wasserflaschen. Auch das zur Verfügung gestellte Eis war erstens viel zu wenig und zweitens in Form eines großen Eisblocks, so dass es für die Physios nicht einsetzbar war. Auf Nachfrage (auch durch einen Offiziellen der FIH) begann das übliche Prozedere. Der Chef vom Chef rief seinen Chef und nach zehn Minuten wurden wir gefragt, ob wir nicht in einem „Store“ noch selbst einkaufen gehen konnten. Ungläubiges Erstaunen auf allen Seiten.
Die Essenszeiten im Hotelrestaurant sind klar festgelegt: Mittagessen von 11.30 bis 14.00 Uhr, Abendessen von 17.30 bis 21.00 Uhr. Das mag für den normalen Hotelablauf ohne weiteres funktionieren, nicht aber bei einem Hockeyturnier. An allen Spieltagen können die Mannschaften in unserem Hotel nicht zu Mittag essen. Das wäre ja nicht so das Problem, wenn man so einfach in ein Restaurant um die Ecke gehen und eine Essen bestellen könnte. Aber habt ihr schon mal eine japanische Speisekarte gelesen? Außer dass sie schön aussieht, weil viele kleine und verzierte Zeichen drauf sind, kann man mit ihr nichts anfangen. Oder schon die Lokalität: Ist das ein Restaurant oder eher eine Sauna? Auch wenn wir sonst den anderen Mannschaften gegenüber sehr hilfsbereit sind, unser kleines Cafe bei dem wir mittlerweile gern gesehen sind und wir unsere Pasta bekommen, werden wir den Mitstreitern nicht verraten.
Hier in Japan muss man sich schnell in die Mentalität hineinversetzen, um mit seiner Organisation nicht Schiffbruch zu erleiden. Erstaunlich hohe Sprachbarrieren (kaum einer spricht Englisch) erschweren die Kommunikation erheblich. Und wenn es daran nicht scheitert, dann kommen Interpretations- und Mentalitätsunterschiede hinzu. Aber eines soll nicht unerwähnt bleiben. Unsere japanischen Gastgeber und deren Mitarbeiter sind sehr höflich und zuvorkommend, dies allerdings immer im vorgegebenen Rahmen. Sollte dieser nicht passen oder andere Lösungen notwendig sein, lehnen sie genauso stilvoll und höflich alles weitere ab.
Unsere Volontäre und Dolmetscher aber kümmern sich bestens um uns. Obwohl jeden Tag andere Personen eingeteilt sind (was die Zusammenarbeit auch nicht erleichtert), kommt eines unserer „Mädels“ sogar in der Freizeit und hilft uns, wo es geht. Ihr merkt man den Spaß an ihrem Job an und uns geht es gleich um einiges besser. Wir konnten uns schon ein wenig „freischwimmen“ und haben uns so organisiert, dass wir möglichst wenig abhängig sind vom Veranstalter, Hotel oder sonstigen. Da machen sich die Tage der Vorbereitung positiv bemerkbar. Die anderen Teams sind teilweise noch am Verzweifeln, wir jammern nur noch leise.
Jochen Heimpel
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