Nationalteams

Mülders: „Vergleiche zwischen Damen- und Herrenhockey machen keinen Sinn!“

Interview mit dem Bundestrainer zur WM-Vorbereitung der deutschen Damen

 

12.05.2014 - In knapp drei Wochen startet die Weltmeisterschaft der Damen und Herren im niederländischen Den Haag. Während die deutschen Herren ihre Generalprobe vom 15. bis 18. Mai bei den ERGO Masters in Düsseldorf haben, testet Damen-Bundestrainer Jamilon Mülders mit seinem bereits nominierten WM-Kader zeitgleich beim Vier-Nationen-Turnier mit Australien, England und Japan auf der Anlage des Club zur Vahr Bremen. Im Interview spricht der Bundestrainer über den Stand der Vorbereitung, den Status des Damenhockeys in Deutschland und den Vergleich mit den Herren.

 

Es gibt noch ein Fragezeichen im Kader…

Mülders: „Richtig, Lisa Altenburg hat sich bei der deutschen Endrunde einen Haarriss im Fuß zugezogen. Der ist zurzeit ruhig gestellt. Deshalb rückt Franzisca Hauke wieder in den Kader. Sie wird für Lisa in Bremen beim Vier-Nationen-Turnier spielen. Beide reisen dann mit nach Den Haag und wir werden die Spanne der FIH bis zur endgültigen Nominierung voll ausreizen. Besteht Lisa dann den Belastungstest, wird sie spielen. Das ist mit Franzisca auch so besprochen. Sie hat sich dafür committet.“

 

Sonst sind aber alle fit?

Mülders: „Ja, auch Jana Teschke hat ihre Verletzung gut überstanden. Es gab das ein oder andere kleine Wehwehchen nach der Endrunde, aber nichts, was uns Sorge bereitet.“

 

Die Männer haben nach der Endrunde gleich wieder Stützpunkt-Lehrgang gehabt. Markus Weise hat auch noch nicht nominiert. Ihr Team hatte die Woche Pause. Haben Sie sich bewusst für einen anderen Weg entschieden?

Mülders: „Ich weiß, dass diese Quervergleiche immer gezogen werden, aber wir können gar nicht so agieren wie der Herrenkader. Markus Weise ist mit seinem Team seit 2007 am Werk. Da gibt es ganz andere Automatismen. Die Abläufe sind viel klarer und gefestigter als bei uns. In ein, zwei Jahren können wir es wahrscheinlich genauso machen. Ich habe mich dieses Mal dafür entschieden, dass das Turnier in Bremen nicht unter dem Nominierungsaspekt stehen sollte, sondern Verfestigung der Inhalte und Teamfindung. Deshalb habe ich schon früh nominiert. Für unser Team ist dieser Weg, den wir auch früh kommuniziert haben, die beste Lösung!“

 

Geht es dann in Bremen auch schon um positive Spielergebnisse fürs Selbstvertrauen?

Mülders: „Nein, die interessieren mich eigentlich nicht besonders, denn sie verleiten nach außen hin auch zu falschen Annahmen. Vor Olympia 2012 hat das Team in Bremen alles weggeschossen und hat dann in London nichts reißen können. Vor der World League und der EM 2013 haben wir kräftig auf den Deckel bekommen und dann beide Turniere gewonnen. Erst bei der WM kommt es auf Ergebnisse an!“

 

Was steht dann in Bremen im Fokus?

Mülders: „Wir haben noch reichlich Baustellen, an denen wir Schritt für Schritt arbeiten wollen. Es geht dabei um Inhalte wie Taktikabstimmung oder Strafecken. Außerdem haben wir auch außerhalb des Platzes zwei, drei Sachen geplant, von denen ich mir erhoffe, dass sie Auswirkungen auf den Auftritt bei der WM haben.“

 

Die Strafecken waren ein Kritikpunkt in der Vergangenheit. Es fehlte zuletzt die herausragende Schützin, wie sie zum Beispiel die Holländerinnen haben…

Mülders: „Es ist im weiblichen Bereich sicherlich verpasst worden, nach Fanny Rinne und Natascha Keller Top-Schützinnen zu entwickeln. Bei den Herren ist das anders, da hat jede Mannschaft bis in die 2. Bundesliga mindestens einen Schützen, der gute Ecken trifft. Bei den Damen wird viel geschrubbt und auf Stecher gespielt und weniger geschlenzt oder mit der Ablage gearbeitet. Aber mit dem A-Kader haben wir letztes Jahr durchaus gute Ecken geschossen, was auch daran liegt, dass wir mit Andreas Höppner da viel Zeit investiert haben. Wir haben mit Julia Müller den vielleicht besten Eckenschlag der Welt, Tina Bachmann und Hannah Krüger sind exzellente Schlenzer und Lydia Haase, Katharina Otte und Lena Jacobi sind stark auf der Ablage. Nicht umsonst hatten wir eine Erfolgsquote von 75 Prozent und die anderen Teams verteidigen gegen unseren Schuss volles Rohr.“

 

Die Fünf sind aber alle schon ältere, etablierte Spielerinnen. Kommt etwas nach?

Mülders: „Mit Vivien Tahal, Charlotte Stapenhorst, Nike Lorenzen und Laura Sänger haben wir vier viel versprechende Talente, aber das ist auf Dauer nicht genug! Es müsste auch in der Bundesliga noch viel mehr Zeit in die Spezialisierung investiert werden. Das ist aber eben sehr aufwändig und setzt auch einen besonderen Ehrgeiz bei den Spielerinnen voraus, sich immer wieder zu motivieren, Extra-Trainings einzulegen. Wir haben ein Projekt mit Spezialtrainern in der Pipeline, für das zurzeit aber noch das Geld fehlt. Da würden wir gern mit Talenten aus U16 und U18 intensiv arbeiten, um bei der WM 2018 in London und den Spielen 2020 in Tokio gute Eckenschützen zu haben.“

 

Valentin Altenburg und Sie haben die DM-Endrunde analysiert. Waren Sie mit der Leistungsentwicklung dort zufrieden?

Mülders: „Das Spiel ist im Damenhockey auf jeden Fall deutlich athletischer geworden. Im direkten optischen Vergleich mit den Herren, bleibt das Damenhockey zwar vom Spielstil her das etwas unattraktivere Produkt, weshalb es aus meiner Sicht wichtig ist, dass wir fürs Damenhockey ein eigenes Profil erarbeiten – unabhängig von den Herren, damit nicht immer verglichen wird. Das macht nämlich überhaupt keinen Sinn! Die Partien bei der DM waren für die Zuschauer in Hamburg zweifellos sehr gut anzusehen. Die Vereine und die Spielerinnen investieren da viel, so dass wir athletisch und technisch – nicht immer taktisch – eine sehr positive Entwicklung verzeichnen. Dass man nicht alle Nationalspielerinnen so exponiert gesehen hat, wie man das vielleicht erwartet, ist auch den anderen Bundesligaspielerinnen zuzuschreiben, die einen guten Job gemacht haben.“

 

Die Konkurrenzsituation in der Spitze ist bei den Männern deutlich enger als bei den Frauen. Vorteil oder Nachteil?

Mülders: „Das stimmt sicher. Bei den Damen haben sich einfach noch nicht so viele Spielerinnen dazu committet, den Aufwand für eine Nationalmannschaftskarriere zu betreiben. Das ist auf der anderen Seite aber auch eine Chance. Wer den Weg geht, hat bald die Chance, im A-Kader anzugreifen. So ist es auch zu erklären, dass Lea Stöckel und Hannah Gablac letztes Jahr nahezu ohne A-Länderspiel auf den EM-Zug aufspringen konnten.“

 

Kommen wir zum Turnier in Bremen. Die Gegner sind Ihre Wunschgegner. Was dürfen wir erwarten?

Mülders: „England ist bei der WM unser Gruppengegner in der Schlussphase der Vorrunde und ein klarer Mitfavorit auf einen der beiden Halbfinalplätze. Die haben zuletzt in Argentinien den Weltmeister im Spiel um Platz drei geschlagen. In dem Spiel sehen wir genau, wo wir stehen. Japan simuliert für uns den Spielstil der Chinesen und Koreaner bei der WM – sie stehen tief, verteidigen extrem geschickt, setzen auf starke Konter und haben eine gute Eckenqualität. Und Australien ist einfach zurzeit für mich eines der besten, weil komplettesten Teams der Welt.“

 

Wie geht es für das Team nach Bremen bis zur WM weiter?

Mülders: „Wir werden noch dezentral an individuellen Themen arbeiten. Wir haben das bewährte Prinzip, volle Belastung vor einem Turnier zu gehen und dann direkt davor eine Pause zu setzen. Da vertraue ich unseren Leistungsdiagnostikern voll. Die Athletiktrainer an den Stützpunkten haben eine exzellente Arbeit gemacht. Die Werte der Mädels sind sehr gut. Wir werden ein sehr fittes Team in Den Haag an den Start bringen. Vor Ort haben wir noch Trainingsspiele gegen Neuseeland am Mittwoch sowie gegen Korea am Donnerstag. Freitag und Samstag ist dann Ruhe und am Sonntag, 1. Juni, geht es gegen China endlich los!“

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1. November 2024
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